Viele Beschäftigte im Handel können sich das Leben kaum noch leisten

Alarmierendes hat der aktuelle Arbeitsklima-Index der Arbeiterkammer Oberösterreich zu Tage gefördert: Zwei Drittel der Beschäftigten im Handel können von dem, was sie für ihre harte Arbeit bezahlt bekommen, kaum oder gar nicht leben.

Eine aktuelle Sonderauswertung des Arbeitsklima Index zeigt deutlich auf: Viele Kolleg:innen im Handel befinden sich im Advent in der arbeitsreichsten, stressigsten und vor allem lautesten Zeit des Jahres. Viele sind unzufrieden, körperlich und psychisch belastet und wollen den Job wechseln. Und das nicht nur, weil sie mit ihrem Einkommen unzufrieden sind. Zwei Drittel können von dem, was sie für ihre harte Arbeit bezahlt bekommen, kaum oder gar nicht leben. AK-Präsident Andreas Stangl fordert sowohl einen Rechtsanspruch auf Teilzeit als auch auf Vollzeit.

Hoher Frauenanteil und hohe Teilzeitquote im Handel
Mehr als 300.000 Menschen arbeiten in Österreich im Einzelhandel. Typisch für diese Branche sind ein hoher Frauenanteil (71 Prozent) und eine hohe Teilzeitquote (51 Prozent), insbesondere bei Frauen (62 Prozent). Aber auch bei Männern ist die Teilzeitquote mit 22 Prozent überdurchschnittlich hoch. Jede fünfte Teilzeitkraft möchte mehr Stunden arbeiten. Rund ein Fünftel der Vollzeitkräfte möchte weniger Stunden arbeiten

Geringe Löhne und Gehälter
Die mittleren Bruttojahreseinkommen der Beschäftigten im Einzelhandel waren 2021 mit rund 24.000 Euro um mehr als 12.200 Euro geringer als die durchschnittlichen Bruttojahreseinkommen aller Beschäftigten. Für 56 Prozent reicht das Einkommen gerade aus und zehn Prozent sind in einer finanziell prekären Lage. 

Zwangsbeschallung belastet zusätzlich
Allerdings kommt in der stressigen Adventzeit eine Belastung besonders zum Tragen: Lärm, insbesondere durch die ständige Zwangsbeschallung durch Radio und (Weihnachts-)Musik, Durchsagen und Werbung in der Dauerschleife. Belastung durch Lärm ist aber nicht nur stressig und nervig, sondern kann auch gravierende gesundheitliche Folgen haben.

Unterdurchschnittliche Arbeitszufriedenheit

In den vergangenen zehn Jahren war der Arbeitsklima Index im Handel stärkeren Schwankungen ausgesetzt als in den restlichen Branchen. Aktuell liegt der Index in der Branche bei 104 Punkten und somit um einen Punkt niedriger als in den restlichen Branchen. Daher verwundert es wenig, dass im Einzelhandel mehr Beschäftigte den Job wechseln wollen als in allen anderen Branchen.

 AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender Stangl fordert deshalb:

  • Einen Rechtsanspruch auf Vollzeit für Teilzeitbeschäftigte, insbesondere wenn das Unternehmen zusätzliche Mitarbeiter:innen sucht, sowie die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf Teilzeitbeschäftigung. Damit soll Arbeitnehmer:innen ein Gestaltungsspielraum in Bezug auf ihre Arbeitszeit gegeben werden.
  • Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, damit die Beschäftigten gesund und arbeitsfähig bleiben,
  • die generelle Abgeltung von Mehrarbeitsstunden mit einem Faktor von 1:1,25,
  • einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kinderbildungs- und
    -betreuungseinrichtung ab dem zweiten Lebensjahr bis zum Ende der Sekundarstufe I,
  • den Ausbau und die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs, um die Wahlmöglichkeiten von Arbeitnehmer:innen zu erhöhen.