Geht es nach dem Chef der so genannten „neuen ÖVP“, Sebastian Kurz, soll das Arbeitsinspektorat „neu aufgestellt werden“. Was so harmlos klingt, ist ein massiver Anschlag auf den Arbeitnehmerschutz. Denn laut seinen im Wahlprogramm formulierten Plänen sollen die Kontrollen des Arbeitsinspektorats eingeschränkt und das Strafausmaß bei Übertretungen massiv reduziert werden. Damit kommt er den Interessen der Wirtschaftskammer und großer Unternehmen einen Riesenschritt entgegen.
Politik für den Hauptsponsor
Vor allem einer seiner größten Wahlkampfsponsoren, KTM-Chef Pierer, darf sich freuen. Der sagt ganz unverhohlen: „Ich kann es mir leisten, seit 30 Jahren die Arbeitszeitgrenze massivst zu überschreiten und ich mache es mit Freude.“ Wenn Kurz’s Pläne gesetzliche Realität werden, darf er auch seine Beschäftigten beinahe straffrei zu Arbeitszeitüberschreitungen nötigen.
Denn Handelsketten oder große Industriebetriebe, die gegen das Arbeitszeitgesetz verstoßen, müssen nach derzeitiger Rechtslage für jedes Delikt eine eigene Strafe zahlen. Wenn 20 Beschäftigte einer Firma an einem Feiertag arbeiten, zahlt die Firma 20 Mal Strafe wegen verbotener Feiertagsarbeit. Wenn fünf Arbeitnehmer ohne Absturzsicherung auf einem Dach arbeiten, werden fünf Strafen fällig. Das will Kurz ändern: Künftig soll nur mehr eine Strafe pro Unternehmen verhängt werden, unabhängig davon, wie viele Delikte vorliegen und wie viele ArbeitnehmerInnen betroffen sind.
Weniger Kontrollen = gefährlichere Arbeit
Die Folgen wären fatal und höchst gefährlich. Denn Pierer und Kurz nehmen damit in Kauf, dass die Arbeit für viele gefährlicher und ungesünder wird. Besonders großen Firmen werden Tür und Tor für Gesetzesverstöße geöffnet. Vorschriften systematisch zu übertreten wird für große Unternehmen um einiges attraktiver.
Allerdings ist die Missachtung von Schutzvorschriften für Unternehmen nur kurzfristig billiger. Ganz im Gegenteil: Langfristig profitieren die Unternehmen selbst davon: Zwischen 1995 und 2011 haben sie sich laut AUVA 2,2 Milliarden Euro gespart, weil Arbeitsunfälle stark zurückgegangen sind. Der volkswirtschaftliche Gewinn für diesen Zeitraum liegt sogar bei 8,6 Milliarden Euro. Der Gewinn für alle: Gesündere und zufriedenere ArbeitnehmerInnen!
Darum wäre es ein Riesenfehler, die wichtige Institution Arbeitsinspektion zu schwächen. Im Gegenteil: Ein Ausbau der Kompetenzen und der Ressourcen ist aus Sicht der FSG notwendig, damit eine umfassende und zielführende Kontrolle der geltenden Bestimmungen, insbesondere im Bereich der Einhaltung der Arbeitszeiten, gewährleistet ist